Damit der Preis stabil bleibt
Schmalkalden – Während unter Wortführung von Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig die Hände zum symbolischen Start auf den Riesenknopf niedergingen, stand das eigentlich gefeierte Objekt äußerlich fast unscheinbar vor der Tür. Ohrenbetäubender Lärm tat sich darin aber auf, wenn man den Raum mit dem Herzstück der Anlage betrat.
Der Motor, mit dessen Hilfe fortan aus Biomethan Strom und Wärme erzeugt werden, kündete laut von seiner Leistungsfähigkeit. Mit 704 Kilowatt thermischer Leistung und 600 Kilowatt elektrischer Leistung sind die Eckdaten des Blockheizkraftwerkes beschrieben. Die erzeugte Wärme wird über eine Vorrangschaltung in das vorhandene Fernwärmenetz eingespeist, welches unter anderem die Neubaugebiete im Walperloh und am Grenzweg, aber auch die Fachhochschule Schmalkalden, Firmen im Gewerbegebiet Ost und mehrere Einkaufsmärkte versorgt.
Neben der ebenfalls optimierten bestehenden Wärmeerzeugungsanlage gibt es noch drei Mikrogasturbinen. Diese verfügen über ähnlich hohe Leistungsparameter wie das BHKW und haben zudem einen Pufferspeicher. Rund 1,7 Millionen Euro wurden in das Vorhaben zur Erneuerung und zum Ausbau der Wärme- und Stromversorgung investiert. Allein durch den Einsatz des Blockheizkraftwerkes werden jährlich 2750 Tonnen CO2-Einsparung erwartet.
Schmalkaldens Bürgermeister Thomas Kaminski freute sich über die Erhöhung der Versorgungssicherheit. Ziel aller Investitionen der Dezentralen Energien Schmalkalden (DES) GmbH, an der die RWE-Energiedienstleistung Dortmund 30 Prozent hält und auch die Heisenberg Energie Berlin beteiligt ist, sei eine zuverlässige Bereitstellung von Wärme und Strom für private, gewerbliche und öffentliche Abnehmer. Anfang 2012 deckte das kommunale Unternehmen, eine Tochter der Stadtwerke Schmalkalden (SWS) etwa 10 Prozent des Energiebedarfs von Haushaltskunden in der Stadt. SWS-Geschäftsführer René Killenberg war es auch, der für Schmalkalden den Gedanken der dezentralen Energieversorgung vor einigen Jahren stärker in den Fokus gerückt hatte. Längst hat die kommunale Politik die Chancen begriffen. Biomasse als Energieträger, egal ob Holz oder teuer zu entsorgender Grünschnitt, gebe es genug, betonte Bürgermeister Kaminski. Letztlich gehe es darum, den Standort Schmalkalden mit attraktiven Energiepreisen zu stärken. Einen wesentlichen Beitrag leiste dabei die DES, welche am Freitag das neue Blockheizkraftwerk in Betrieb nehmen konnte. Wirtschaftsminister Matthias Machnig betonte zur Inbetriebnahme, dass der Freistaat Thüringen bis zum Jahr 2020 zirka 45 Prozent des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien decken wolle.
Es ist eine Standortfrage
Im Landesentwicklungsplan würden dazu die zu installierenden Kapazitäten “technologieoffen” festgeschrieben. Das bedeute, so der Minister, dass die Regionen entscheiden sollten, ob sie mehr Windkraft, Photovoltaik oder andere regenerative Ressourcen nutzen wollen. Auf diese Weise könne die Stromerzeugung vor Ort gestärkt werden. Eine Herausforderung sei aber die thermische Energiewende. Diese sei komplizierter und womöglich kostenintensiver, sprach der Minister Klartext. Um so dringlicher wäre es, diese Aufgabe anzupacken. Denn anhand von Energiepreisen würden heute Standortfragen entschieden, mit denen zugleich soziale Fragen verbunden seien. Energiepreise könnten somit bis auf den Arbeitsmarkt und letztlich auf die Lebensbedingungen der Menschen durchschlagen. Daher sei die Dezentralisierung der Energieerzeugung und die Sicherung leistungsfähiger Wettbewerbsstandorte eine Frage der politischen Verantwortung. Dazu gehöre auch, eine 380-kV-Leitung durch Thüringen zu akzeptieren. Schließlich trage diese ab 2015 dazu bei, so der Minister, die bayerische Energieversorgung nach Schließung des Atomkraftwerkes Grafenrheinfeld bei Schweinfurt zu sichern. “Die Energiepolitik muss man in Deutschland als Gesamtsystem sehen und jeder muss seinen Beitrag leisten”, wiederholte Matthias Machning. Auch dürfe man nicht den Fehler machen und dezentrale gegen zentrale Energieerzeugung oder große gegen kleine Energieunternehmen auszuspielen. Im gesunden Mix bestehe die Chance, das deutsche Experiment des Atomausstiegs zu schaffen. Das neue Blockheizkraftwerk in Schmalkalden sei ein Beitrag dazu, bei dem zugleich die Wertschöpfung in der Region bleibe und der gewerbliche Standort gestärkt werde, erklärte der Wirtschaftsminister. Mit einem Rundgang der Stadträte, Firmenvertreter und weiterer Gäste durch das Heizhaus wurde die Einweihung des BHKW fortgesetzt.
von Erik Hande / Quelle: Südthüringer Zeitung vom 15.07.2013